Solarfassaden können weiterhin erstellt werden

26.05.2023

© Swissolar / Céline Kuster

Ein Artikel im Tages-Anzeiger bezüglich Brandschutzauflagen der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) bei PV-Fassaden hat für einige Verwirrung gesorgt. Es entstand der falsche Eindruck, dass damit solche Anlagen nicht mehr erlaubt würden. Im Folgenden erläutern wir die aktuelle Situation. 

 

Bedeutung der Solarfassaden 

An Fassaden besteht ein realisierbares Potenzial einer Solarstrom-Jahresproduktion von rund 17 TWh. Davon würde rund die Hälfte im Winterhalbjahr anfallen und könnte somit massgeblich zur Versorgungssicherheit beitragen. Dieses bisher kaum genutzte Potenzial gilt es deshalb vorrangig nutzbar zu machen. Die Schweizer Solarbranche hat in diesem Bereich international beachtete Pionierleistungen erbracht, sowohl bezüglich Herstellung von Modulen als auch bezüglich Planung solcher Anlagen, und viele neue Projekte sind zurzeit in Vorbereitung.  

Für Swissolar hat die Sicherheit von solaren Bauwerken eine grosse Bedeutung. Wir haben Verständnis dafür, dass die Anforderungen an die Sicherheit an neue Erkenntnisse und technische Entwicklungen angepasst werden müssen. Es darf aber nicht sein, dass mit prohibitiven Vorschriften weitere Solarfassaden verhindert werden und damit die Schweiz ihre Pionierrolle verliert.  

Technische Anforderungen 

Die VKF-Brandschutzvorschriften 2015 definieren die Anforderungen an Dach- und Fassadenmaterialien, somit auch an PV-Module. Im Folgenden einige wesentliche Punkte aus diesen Vorschriften:   

  • Für die Montage von PV-Modulen auf Dächern existiert eine schweizweit akzeptierte Branchenlösung (Stand-der-Technik-Papier) von Swissolar.  
  • Bei Fassaden gelten je nach Art der Gebäudenutzung und Gebäudehöhe unterschiedliche Anforderungen an die zulässige Brandklasse des Fassadenmaterials. «Geringe Höhe» = unter 11 m, «mittlere Höhe» = 11 bis 30 m, «Hochhäuser» = über 30 m. Die Brandklassen sind wie folgt definiert: RF1 (kein Brandbeitrag), RF2 (geringer Brandbeitrag), RF3 (zulässiger Brandbeitrag), siehe Grafik (Quelle: VKF-Brandschutzvorschriften).  
  1. Für Photovoltaikanlagen an Einfamilienhäusern und Gebäuden unter 11 Metern bestehen somit keine erhöhten Brandschutzanforderungen.  
  2. Bei Hochhäusern gelten die strengsten Anforderungen.  
  3. Im Fokus stehen zurzeit Gebäude mittlerer Höhe. Hier gilt Ziffer 3.2.3 der VKF-Brandschutzvorschriften: «Hinterlüftete Fassaden an Gebäuden mittlerer Höhe, deren Aussenwandbekleidungen und / oder Dämmstoffe im Hinterlüftungsbereich aus brennbaren Materialien bestehen, müssen mit einer von der VKF anerkannten oder gleichwertigen Konstruktion ausgeführt werden.» 
  • Da PV-Module überwiegend als Baustoff der RF2 klassiert werden (gemäss EN 13501-1) dürfen sie in das bauliche Konzept bei Gebäuden mittlerer Höhe integriert werden. Es muss objektspezifisch nachgewiesen werden, dass mit der gewählten Konstruktion die Schutzziele erreicht werden.  Stand der Umsetzung 

Zur Umsetzung von Ziffer 3.2.3 der Brandschutzvorschriften durch die kantonalen Feuerversicherungen schreibt die VKF auf Anfrage von Swissolar folgendes:  

«Eine von der VKF anerkannte Konstruktion ist ein im Brandschutzregister gelistetes System mit einer VKF-Anerkennung oder ein in einem Stand-der-Technik-Papier beschriebenes System. Ist beides nicht vorhanden, so entscheidet die zuständige Brandschutzbehörde über die Gleichwertigkeit. Es ist auch die Brandschutzbehörde, die entscheidet, auf welcher Grundlage sie diesen Entscheid zur Gleichwertigkeit treffen kann. Daher sind kantonale Unterschiede bezüglich der Anforderungen an objektspezifische Konzepte kaum zu verhindern. Weil die Konzepte objektspezifisch sein müssen, können auch die Anforderungen an das Konzept im gleichen Kanton von Objekt zu Objekt unterschiedlich sein. Bei einem brandschutztechnisch heikleren Objekt werden die Anforderungen mit grosser Wahrscheinlichkeit höher sein als bei einem Objekt mit weniger Brandrisiken.» 

Ein Stand-der-Technik-Papier (STP) für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (dazu gehören auch PV-Fassaden) ist zurzeit in Erarbeitung. Dies ist mit grossem Aufwand verbunden, da Brandtests an vollständigen Fassadenkonstruktionen durchgeführt werden müssen, was wahrscheinlich im angrenzenden Ausland gemacht werden muss. Verantwortlich für die solarspezifischen Teile des STP ist eine Arbeitsgruppe von Swissolar. Die Fertigstellung dieses Teils ist bis Ende 2023, spätestens Anfang 2024 vorgesehen. Ein Entwurf dürfte bereits im Herbst 2023 vorliegen.  

Gemäss den Erläuterungen des VKF werden bis zum Vorliegen dieses STP objektspezifische Konzepte verlangt. Bisher haben die kantonalen Feuerversicherungen dafür (zumindest bei Bauten mittlerer Höhe) keine Brandtests verlangt. Nun scheint die Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) eine Praxisänderung vorgenommen zu haben, indem sie in vielen Fällen und auch bei bereits bewilligten Projekten Brandtests verlangt. Dies führt zu hohen Zusatzkosten und baulichen Verzögerungen, wodurch diese Projekte gefährdet sind.  

Zusammenarbeit mit Gebäudeversicherungen

Damit für Planerinnen und Projektentwickler die Planungssicherheit gewährleistet bleibt, arbeitet Swissolar zusammen mit den Gebäudeversicherungen daran, mögliche Übergangslösungen zu präsentieren, bis ein finales Stand-der-Technik-Papier vorliegt. Entsprechende Gespräche und Abstimmungen sind seit längerem am Laufen.

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