ETH-Studie: Erneuerbare für Versorgungssicherheit und tiefere Kosten

12.03.2023

Der konsequente Ausbau von erneuerbaren Energien stärkt die Versorgungssicherheit und reduziert die Energiesystemkosten. Dies belegt eine aktuelle Studie, die bei der ETH Zürich in Auftrag gegeben wurde. Im Rahmen der Studie wurden die Energie-Modelle des Branchenverbands Swissolar, des Photovoltaik-Branchenleaders Helion, sowie von Nationalrat Jürg Grossen auf ihre Machbarkeit untersucht. Die Studie bestätigt: Alle drei untersuchten Modelle sind machbar und erst noch kostengünstiger als das auf fossilen Energieträgern basierende Szenario «Weiter wie bisher» (WWB) der Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie.

Dank einem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien sowie sinnvollen Speicherlösungen können die Energiesystemkosten stark reduziert sowie die Versorgungssicherheit erheblich gestärkt werden. Zu diesem Ergebnis gelangt eine aktuelle Studie der ETH-Zürich, die Helion, Swissolar und Jürg Grossen (Elektroplan) in Auftrag gegeben haben. 

 Im Rahmen der Studie wurden die drei Energie-Modelle der genannten Organisationen auf ihre Machbarkeit untersucht und mit dem auf fossilen Energieträgern basierenden Szenario «Weiter wie bisher» (WWB) der Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie (BFE) verglichen. Dies mit dem Resultat, dass alle drei auf erneuerbaren Energien basierenden Modelle machbar und kostengünstiger sind als das WWB-Szenario. Die ETH-Studie liefert fünf wichtige Erkenntnisse über die Energie-Modelle: 

 1.      Alle drei Modelle wie auch das WWB-Szenario sind machbar – sowohl im Referenzszenario als auch in den Sensitivitäten. «Machbar» heisst, dass in jeder Stunde der untersuchten Jahre (2030, 2040 und 2050) die Schweizer Stromnachfrage mit der inländischen Erzeugung und den verfügbaren Importen gedeckt werden kann. 

2.      Alle drei Modelle weisen – basierend auf den Stromgestehungskosten - geringere Stromgestehungskosten auf als das WWB-Szenario. Der Vergleich auf der Basis der Stromgestehungskosten ist wichtig, da der Strombedarf in den Modellen deutlich höher ist als im WWB-Szenario, welches eine geringere Elektrifizierung im Wärme- und Mobilitätssektor aufweist und stattdessen auf fossile Energieträger wie Heizöl und Benzin zurückgreift. 

3.      Das Helion-Modell weist im Referenzfall mit 51 Mrd. CHF bis 2050 die niedrigsten Stromsystemkosten auf, während das Swissolar-Modell mit 59 Mrd. CHF die höchsten Kosten verursacht. Die erhöhten Gesamtkosten im Swissolar-Szenario können durch die den Rechnungen zugrundeliegenden Strommixe erklärt werden, die sich leicht unterscheiden. 

4.      Das Modell der Roadmap Grossen enthält eine hohe inländische Wasserstoffproduktion und Investitionen in Gas-to-Power Kapazitäten, was das Szenario im Vergleich zum Helion-Modell etwas teurer (56 Mrd. CHF bis 2050), aber auch resilienter macht. Zudem muss mit diesem Modell am wenigsten Solarstrom abgeregelt werden. Wenn der Stromhandel mit den Nachbarländern eingeschränkt werden sollte, wird das Grossen-Szenario zum günstigsten, da es diese Reservekapazitäten nutzen kann, wenn die Importe begrenzt und teuer werden. Generell werden alle Modelle wie auch das WWB-Szenario deutlich teurer, wenn der Stromhandel mit den Nachbarländern eingeschränkt wird. 

5.      Ein noch stärkerer Ausbau von Erneuerbaren in den Nachbarländern führt dazu, dass die Schweiz weniger PV-Strom im Sommer exportieren kann und die Stromerzeugung im Inland häufiger abregeln muss. Die bestehenden Flexibilitätsoptionen im Schweizer Stromsystem wie Pumpspeicher, Staudämme und Batteriespeicher hingegen werden umso wertvoller, je höher der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung in den Nachbarländern ist. 

> Zur ETH-Studie

Bestätigung der Energie-Modelle 

David Stickelberger, Geschäftsleiter beim Branchenverband Swissolar, sieht die Politik in der Pflicht. «Wir stehen vor einer grundlegenden Umstellung unserer Energieversorgung: Zur Umsetzung des Pariser Klimaprotokolls ist es nötig, unsere Treibhausgasemissionen bis spätestens Mitte Jahrhundert auf netto null zu senken. Mit zunehmendem Alter sinkt auch die Verfügbarkeit der bestehenden AKW. Mit einem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien gemäss Swissolar-Szenario kann bereits ab 2035 die Atomstromproduktion ersetzt werden.» 

Damit diese Umstellung gelingt, müssten jetzt die Weichen für einen zügigen Ausbau der Photovoltaik gestellt werden. «In unserem Szenario empfehlen wir elf Massnahmen, um der Schweiz eine erneuerbare und sichere Energieversorgung zu garantieren», so der Swissolar-Geschäftsleiter. Die aktuelle ETH-Studie würde klar belegen, dass dieses Szenario machbar und auch günstiger sei als das WWB-Szenario.

«Die ETH-Studie belegt klar, dass unser Modell funktioniert, klimapolitisch sinnvoll und gegenüber dem fossilen WWB-Szenario auch noch wesentlich günstiger ist. Und dies, ohne dass der Winterstromimport erhöht werden muss», sagt auch Noah Heynen, CEO und Co-Gründer von Helion. Eigene Kostenberechnungen basierend auf der Studie würden zeigen, dass dank der vorgeschlagenen Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors bei fossilen Brenn- und Treibstoffen Einsparungen von bis zu 52 Mrd. Franken realisiert werden könnten. 

«Im Dreieck eines beschleunigten Ausbaus der Photovoltaik, der intelligenten Vernetzung dezentraler Prosumer und der dank der Elektromobilität stark wachsenden Batterie-Speicherkapazität, lassen sich drohende Versorgungsengpässe kostengünstig und klimaneutral bewältigen», so Heynen.Verschiedene Rahmenbedingungen, insbesondere auch politische müssen gemäss dem Helion-CEO jedoch erfüllt sein. «Dazu gehören klare und ambitionierte Ausbauziele für Photovoltaik, die Befreiung von dezentralen Speichern vom Netzentgelt sowie die mögliche Verschuldung des Netzzuschlagfonds zur Schaffung eines verlässlichen Finanzierungsrahmens.» Vor diesem Hintergrund sei die Politik im Rahmen der Beratung des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien gefordert.

Nationalrat Jürg Grossen sieht Politik in Verantwortung

Für Nationalrat Jürg Grossen bestätigt die Studie, dass seine im 2020 publizierte Roadmap Grossen gut umsetz- und finanzierbar ist. «Die hohe Resilienz als Basis meiner Roadmap macht die Schweiz eigenständiger und stärkt die Verhandlungsposition mit der EU. Die schweizerische Energiezukunft wird grösstenteils elektrisch sein und digital funktionieren. Elektrisch, weil Strom aus erneuerbaren Quellen und insbesondere Solarstrom wirtschaftlich und effizient ist. Digital, weil die Digitalisierung Treiber für die Energie- und Stromeffizienz ist», so Grossen. Bis 2050 werde sich das Land wenn nötig über längere Zeit eigenständig mit Energie aus ausschliesslich erneuerbaren Quellen versorgen können, auch im Winter. 

In welcher Geschwindigkeit und mit welchem Resilienzgrad die nötige Transformation realisiert werde, sei in erster Linie eine politische Frage – eine, mit wirtschaftlichen Konsequenzen. So belege die ETH-Studie klar, dass alle drei untersuchten Energie-Modelle gegenüber dem WWB-Szenario massive Kosteneinsparungen zur Folge hätten. «Mit der Revision des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien hat es das Parlament jetzt in der Hand, mit ambitionierten Ausbauzielen für erneuerbare Energien und optimalen Anreizen zur dezentralen Harmonisierung von Produktion und Verbrauch die Weichen richtig zu stellen», so der GLP-Präsident und Mitinhaber des Elektroplanungsunternehmens elektroplan Buchs & Grossen AG.

11-Punkte-Programm der Solarwirtschaft
Das Swissolar-Szenario setzt auf einen beschleunigten Photovoltaik-Ausbau, inklusive einer massvollen Nutzung alpiner Freiflächen. Dies ermöglicht einen raschen Einsatz von Gas-to-Power für Engpässe im Winter kombiniert mit Effizienzverbesserungen. Das Szenario geht von einem Atomausstieg bis 2035 aus: > Zum 11-Punkte-Programm der Solarwirtschaft

Helion-Modell
Das Helion-Modell basiert auf einer langjährigen Erfahrung im Zubau von mehr als 10’000 kleinen und grossen Photovoltaikanlagen sowie der Installation von Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos. Die darin ausgewiesenen Werte sind detailliert berechnet und transparent modelliert. Das Modell basiert auf einem beschleunigten Ausbau der Photovoltaik sowie einer intelligenten Integration von Autobatterien in das Energiesystem zur Versorgungssicherheit auch im Winter ohne fossile Energien. Das Modell funktioniert ohne Ausbau von Winterstromimporten: > Zum Helion Energie-Modell

Roadmap Grossen
Die Roadmap Grossen basiert auf einer Steigerung der Stromeffizienz um 40 Prozent, der Elektrifizierung der Sektoren Verkehr und Gebäude, einem engagierten Zubau von Photovoltaik, saisonaler Energiespeicherung mittels Power-to-X sowie der Harmonisierung von Stromverbrauch und -produktion: Zur Roadmap Grossen

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